Vor kurzem hatte ich das Glück Heiko Gerlicher ein paar Fragen rund um seine fantastische Landschaftsfotografie zu stellen. Heiko ist ein Fotograf aus Oberfranken, dessen Naturfotos eine eigene Mystik verströmen und seine Bilder für sich sprechen lässt. Für uns hat sich Heiko die Zeit genommen einige Fragen rund um sein Leben mit der Fotografie zu beantworten und spricht mit uns über seine Wurzeln, seine Philosophie und das wichtigste Werkzeug für Landschaftsfotografen.
Hallo Heiko, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen!
Hallo Alexander. Ich bin 47 Jahre, verheiratet und lebe in einem Ortsteil der Gemeinde Ahorn im Landkreis Coburg in Oberfranken. Von Beruf bin ichVerkaufsaußendienst für eine Stahl- und Metalldistribution. Zur eigentlichen Fotografie bin ich 2010 gestoßen, als mir meine Frau eine digitale Spiegelreflexkamera, es war die Canon 550D, zu Weihnachten geschenkt hatte. Das war der Beginn einer Leidenschaft, die bis heute ungebrochen anhält und sich gefühlt mehr und mehr steigert.
Erlernt hatte ich die Fotografie autodidaktisch und intuitiv, unterstützt von Fachliteratur und inspiriert von diversen Fotokünstlern.
Deine Fotos sind geprägt durch Deine Nähe zur Natur. Deine Serien vom Wald zeigen mystische Wälder und saugen einen förmlich ein. Wie findest Du Deine Motive und was fasziniert Dich an der Natur?
Ja, die Nähe zur Natur suchte ich schon von Kindesbeinen an. War für meinen Bruder die Wiese hinter unserem Elternhaus ein prima Platz zum Fußball spielen, war sie für mich ein wunderbarer Ort, um Blumen, Insekten und Schmetterlinge zu beobachten. Wälder fand ich schon immer interessant. So viele Geschichten und Mythen ranken sich um sie. Die Motive finde ich eigentlich zufällig. Ich liebe es, bei regnerischen und nebligen Wetter durch die Wälder meiner näheren Umgebung auf Motivsuche zu gehen. Die Stimmung ist dann unvergleichlich geheimnisvoll, düster und märchenhaft. Sehr selten begegne ich dabei auch nur einer Menschenseele. Den Zauber dieser Momente, in denen oft absolute Stille herrscht, versuche ich so gut wie möglich in meinen Bildern wiederzugeben.
Deine Bilder werden in der Regel von der Ortsangabe begleitet – und bei der Baumserie auch von der Gattung – was bedeutet Dir das Zusammenspiel von Ort, Natur und Foto?
Da ich immer wieder gefragt wurde, wo ich denn meine Bilder aufnehme und welche Bäume darauf zu sehen sind, habe ich diese Angaben auf meiner Webseite ergänzt. Zusätzlich habe ich auch noch einen Baumfinder erstellt, wo man Bäume und Wälder geodatengenau auf einer Landkarte lokalisieren kann. Unterstützt werde ich dabei von der ebenfalls baum- und waldbegeisterten Fotografin Alex Wesche.
Welche Landschaften willst Du in der Zukunft gerne erkunden, und wie planst Du solche Fotos/Reisen vorher?
Da sind schon immer irgendwie die Wälder im Fokus. Bei unserer letzten Reise an die Ostsee war es mir auch wichtig ein Quartier in der Nähe eines interessanten Waldes zu haben. Dies war dann der einzigartige Naturpark Darßwald und seine Windflüchter genannten Bäume am Strand. Für die Zukunft möchte ich die Wälder der Alpen näher kennen lernen. Dort gibt es noch viele alte urwaldähnliche Gebiete.
Was ist das wichtigste Werkzeug eines Landschaftsfotografen?
Das sind auf jeden Fall die Augen.
Wie ist das Verhältnis von der Nachbearbeitung zur eigentlichen Aufnahme?
So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Da ich meine Bilder in RAW-Dateien fotografiere, ist eine Nachbearbeitung schon erforderlich. Ich verändere dabei niemals etwas an der Szene. Die ist immer 1:1 so wie ich sie erlebt habe.
Korrekturen bzw. Verbesserungen beschränken sich auf das Nachschärfen, Anpassungen von Tiefen, Lichter, Kontrast, Klarheit, Dynamik und Sättigung und gelegentlicher Entfernung von störenden, nicht zur Bildaussage gehörenden Elementen wie Sensorstaubflecken
oder Reflexlichter (Lens Flares).
Welchen Tipp kannst Du einem Anfänger geben, der seine (Landschafts-)Fotos verbessert?
Ein entscheidender Erfolgsfaktor in der Landschaftsfotografie ist, wie übrigens auch in den anderen Sparten der Fotografie, das Licht. Der richtige Einsatz entscheidet dabei über Wohl und Wehe. Direktes Licht lässt die Landschaft of flach und langweilg wirken.
Seiten- bzw. Streiflicht hingegegen modeliert und lässt Strukturen sichtbar werden. Auch direktes Gegenlicht kann erstaunliche Ergebnisse erzeugen.
Wichtig ist außerdem die Kunst des Weglassens. Als Anfänger ist man oft geneigt, zu viel in eine Aufnahme hineinpacken zu wollen. Jedoch schafft ein Übermaß an Bildinhalt schnell Verwirrung beim Betrachter. Aus diesem Grund ist ein einfacher Bildaufbau da A und O,
welcher aus einem interessanten Vordergrund, dem Hauptmotiv (Blickpunkt) und einem harmonischen Hintergrund bestehen sollte. Auch die Drittel-Regel ist ein sehr gutes Hilfsmittel in der Landschaftsfotografie. Es darf und sollte natürlich auch experimentiert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die Bilder zu stereotypisch werden.
Welchen typischen „Fehler“ siehst Du in der Landschaftsfotografie immer wieder?
Erfolgreiche Bilder werden leider viel zu häufig kopiert. Verfolgt man einmal die populären Fotos bei 500px, flickr & co., so meint man ein Déjà-vu zu haben. Irgendwie findet man dort immer die gleichen Motive, welche vom immer gleichen Standpunkt aus fotografiert wurden.
Klar möchte man als Fotograf auch eine breite Anerkennung haben. Aber mit einer kreativen Herangehensweise an eine schon zigtausendmal abgelichtete Landschaftsszene aus einer anderen Perspektive kann man sich viel eindrucksvoller aus der Masse hervorheben.
Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie siehst Du die Zukunft für Fotografen? Und was kann ein einzelner noch machen, um in diesem Meer wahrgenommen zu werden?
Es wird immer schwieriger werden, um aus der unglaublichen Bilderflut, die tagtäglich die Bilderplattformen und bekannten Sozialen Netzwerke überrollt, herauszuragen. Beliebte und bekannte Hotspots werden mehr und mehr totfotografiert. Infolge dessen zwangsläufig ein Motiv wie ein Plagiat dem anderen gleicht. Von großem Vorteil ist es daher, eine eigene individuelle Bildsprache zu haben, welche
einen hohen Wiedererkennungswert hat. Um atemberaubende Landschaftsbilder aufzunehmen, muss man nicht unbedingt nach Island oder Patagonien reisen. Diese können durchaus auch in der Heimat entstehen. Kreativität und neue Sichtweisen können überraschende Ergebnisse bringen.
Nenne uns bitte ein Buch, welches das Leben unserer Leser verändern wird.Was ist ein Buch, oder eine Geschichte die Dein Leben verändert hat?
Für mich eine sehr schwierige Frage, da ich eigentlich nur Natur-, Sachbücher und Bildbände lese. Bis jetzt hat von diesen noch keines mein Leben verändert. Sie sind mir aber eine ergänzende Hilfe wie auch oft eine Inspirationsquelle.
Welche Frage hätten wir Dir noch stellen müssen? Und was ist die Antwort?
Frage: Glaubst Du, dass Du auch in 10 Jahren noch mit der selben Leidenschaft fotografierst?
Antwort: Ja, das glaube und das hoffe ich!
Hier noch 5 ganz kurze Fragen:
Bauch oder Kopf? Bauch
Sonnenauf- oder Sonnenuntergang? Sonnenaufgang
Festbrennweite oder Zoom? Zoom
Wald oder Meer? Wald
Handwerker oder Künstler? Künstler
Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all Deinen zukünftigen Projekten.