Der brutalste Hochzeitsfotograf Deutschlands – Christian Wolf im Interview

Christian Wolf, seines Zeichens Hochzeitsfotograf aus Ostdeutschland, macht Fotos, die den Betrachter nicht nur mit den Ohren schlackern lassen, sondern visuell K.O. schlagen. Eine „brutale“ Bildsprache, der sich niemand entziehen kann. Seine Werke sind eine Mischung aus Fotografie und digitaler Bildbearbeitung und so hat er 2012 wohl eins der genialsten Hochzeitsfotosbilder gemacht, die weltweit aufgenommen wurden. Übertreibe ich? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es ist schon sehr lange her, dass mich ein Hochzeitsfoto so vom Stuhl gehauen hat ob der Umsetzung, Farbgewalt und Kreativität auch aus widrigen Situationen das Beste zu machen. Bühne frei für den jungen und sehr sympathischen Fotografen aus Ascherleben, der keine Angst um das Wohl seiner Kamera hat, sondern alles für das perfekte Foto riskiert – und wenn etwas aus 2.5 Meter Höhe fällt so seis drum.

Interview mit Christian Wolf – Hochzeitsfotograf

Hallo Christian, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen!

Hi, mein Name ist Christian Wolf, ich bin 27 Jahre alt und wohne in der wunderschönen Harzstadt Aschersleben in Sachsen-Anhalt.

Vor einigen Jahren habe ich meine Ausbildung zum Mediengestalter für Bild- und Ton bei einem lokalen Radiosender abgeschlossen. Derzeit fotografiere ich überwiegend Hochzeiten und Menschen.

Du bist ja gelernter Mediengestalter, wann hat es bei Dir klick gemacht und Du wusstest: Fotografieren ist der Weg, mit dem ich meinen Lebensunterhalt bestreiten möchte. Welche Steine musstest Du aus dem Weg räumen?

Steine muss man wohl sein ganzes Leben lang aus dem Weg räumen…leider. Ich habe schon immer viel mit Photoshop gearbeitet, damals noch viel für Eventflyer und Homepagedesign. In der damaligen Ausbildung habe ich auch viel mit Filmkameras gearbeitet, dass hat mich aber nie wirklich zufrieden gestellt. Bei dem Radiosender musste viel redaktionelle Arbeit geleistet werden…das hat mich überhaupt nicht zufrieden gestellt, da ich ein recht kreativer und visueller Mensch bin.

So beschloss ich am Ende der Ausbildung eine kleine Spiegelreflexkamera zu kaufen. Es war glaube eine Canon 400D. Nun, damals habe ich dann die üblichen Motive mehr oder weniger gut fotografiert: Frauen, Blumen Autos….was Männer halt gern fotografieren 😉 Ich habe mich wirklich in die Fotografie verliebt. Seit diesen Tagen dreht sich der Großteil meines Denkens eigentlich nur ums Fotografieren.

Eines Tages bat mich ein befreundetes Paar Bilder von Ihnen anzufertigen. Das war glaube ich der Knackpunkt, an dem ich gemerkt habe, wieviel Spaß die Arbeit mit verliebten Pärchen macht.

Kurze Zeit später musste ich mehr oder weniger freiwillig die Hochzeit fotografieren (die Fotografin hatte abgesagt) und so fing die Geschichte an… Nach meiner Ausbildung stand ich quasi mit leeren Händen da und habe erstmal in diversen Einkaufsfilialen gearbeitet. So konnte ich mir meine erste kleine Ausrüstung zusammensparen und es kamen die ersten Hochzeiten und die Herausforderungen.

© Christian Wolf

© Christian Wolf

Wie sieht Dein kreativer Workflow aus? Wie ist das Verhältnis von der Aufnahme zur digitalen Dunkelkammer??

Mein kreativer Workflow? Hm…schwierig zu erklären. Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig eine feste Idee…sogar ein Bild im Kopf zu haben. Ich mache mir über meine Kunden ein Bild und überlege was zu Ihnen am besten passen könnte oder was sie sich vorstellen. Ich gehe lieber mit einem richtig geilen Bild in der Tasche nach Hause als mit 10 langweiligen. Das Verhältnis von der Aufnahme bis zur digitalen Dunkelkammer ist immer schwierig und verschieden. Selbst würde ich mich auch nicht unbedingt als Fotograf bezeichnen sondern mehr als Fotokünstler. Ich war und bin schon immer ein „Photoshopkind“.

Es ist schon sehr beeindruckend was mit der digitalen Technik möglich ist. Wichtig ist es jedoch, so sauber wie möglich zu fotografieren. Kleinigkeiten die schon bei der Aufnahme behebbar sind (Gegenstände welche rumstehen, Weißabgleich etc) sollten auf jeden Fall vor der Postproduktion behoben werden und nicht denken: Ach, dass mach ich später am Rechner 😉

Thema Postproduktion: Selber machen, automatisieren oder outsourcen?

Darauf gibt es vermutlich keine richtige Antwort. Es ist verschieden. Ich persönlich mache die Post selber, weil ich mir einbilde ein Händchen dafür zuhaben. Aber es gibt Leute die fotografieren sehr toll haben aber kein Gespür für Bildbearbeitung oder Beautyretusche…wenn Sie ihre Bilder dann abgeben ist das ok. Persönlich würde ich meine Bilder niemals an externe Bearbeiter geben, da es einfach ein kreativer Schaffensprozess ist und ich mein „Werk“ vollenden möchte. Ich möchte die Farbstimmung, Lichter und Wirkung kontrollieren.

© Christian Wolf

© Christian Wolf

Für mich hast Du das geilste Hochzeitsfoto gemacht, was ich 2012 gesehen habe. Ich glaube es ist ein Foto, für das viele Hochzeitsfotografen töten würden, um es in Ihrem Portfolio zu haben. Erzähl uns doch bitte ein bisschen davon, wie es entstanden ist und wie sich das Hochzeitspärchen in dem Regen geschlagen hat.

Ja, ich liebe dieses Bild auch und bin recht stolz drauf. Das Foto ist auf der Burg Wanzleben entstanden. Wir hatten nicht wirklich viel Zeit für die Hochzeitsportraits (20min). Es ist nicht für alle Fotografen leicht, unter Zeitdruck zu arbeiten. Ich teile mir die Zeit dort immer auf. Erst einen klassischen Teil mit ein paar Evergreenposen welche immer funktionieren und einen modernen Teil. Der 3te Teil ist der so genannte kreativ- oder experimentelle Teil. Hier ist auch das Regenfoto entstanden. Das es von den 20 min auch noch 10 Minuten geregnet hat war natürlich sehr ärgerlich, aber ich dachte mir: hey, dass kann ich zu meinem Vorteil nutzen. Dann habe ich die Idee dem Hochzeitspaar erklärt und sie waren direkt begeistert. Es ist wichtig, dass das Hochzeitspaar eine genaue Vorstellung von der Bildidee hat (Stichwort Kommunikation). Das Bild ist mit zwei Speedlights entstanden. Kamera war eine 5dmk3 bei 24mm. In dem Bild stecken ca. 6 Stunden Photoshop.

Um Dich mal kurz zu beschreiben: groß, tätowiert und mit Piercings – hast Du für Hochzeiten einen Undercover Look, oder wirst Du gerade deshalb gebucht?

Das ist ne Glaubensfrage. Ich persönlich fühle mich im Anzug nicht wirklich wohl. Ich trage meistens ein Hemd mit einer Baggy, bequeme Sneaker. Meine Paare sind in der Regel sehr locker und entspannt. Sonst würde es auch nicht funktionieren. Das mich „meine Paare“ wegen meiner Optik buchen, glaube ich eher nicht, wäre auch traurig. Ich versuche für jede Hochzeit ein „Highlight“.Bild zu schaffen, quasi ein Stück Kunst, etwas einzigartiges. Das ist auch mein Traum für die Zukunft…das ein Hochzeitspaar irgendwo auf der Welt sagt: Wir wollen ein ganz spezielles Foto und das kann nur Christian Wolf so fotografieren….aber bis dahin liegt noch ein Stück Arbeit vor mir 😉

© Christian Wolf

© Christian Wolf

Fotografierst Du auch in Westdeutschland? Bei der Domain könnten da ja Zweifel aufgekommen. 😉

Ja…ich fotografiere eigentlich überall. Mein persönliches Ziel ist es, eine Hochzeit in Kalifornien zu begleiten (welches ich auch noch erfüllen werde).

Du betreibst ja nebenbei noch die Seite fotohilfe.com – wie ist es dazu gekommen und wie nah ist der Relaunch?

Ich hatte die Seite vor ein paar Jahren gegründet um anderen Fotografen zu helfen, Ich wollte die Fotogeschichten einfach, transparent und ohne viel Schnickschnack erklären. Leider ist es derzeit ein zeitliches Problem, da ich nur sehr wenig Freizeit habe. Aber ich hoffe das wird sich wieder ändern 😉

Auf fotohilfe.com gibt es ein paar sehr coole Tutorials und Videos, bei einem Video habe ich mir die Frage gestellt: Wie wenig Angst hast Du eigentlich um Deine Kamera wenn Du mit Ihr in einen See kletterst? Irgendwelche Tipps für paranoide Fotografen? Und was für Equipment hast Du, damit Du seelenruhig bei so miesen Wetter wie bei dem Hochzeitsfoto fotografieren kannst.
Ich gehöre zu der Sorte Mensch, denen es egal ist, ob die Kamera einen Kratzer hat oder Staub in der Linse ist. Die Kamera ist für mich ein Mittel zum Zweck. Für manche Winkel und Perspektiven muss man nunmal auf den Boden oder in einen See. Da passiert es halt, dass die Ausrüstung Kratzer, Dellen etc abbekommt. Letztens ist ein Speedlight vom 2,50 Meter Stativ gefallen….sehr ärgerlich aber das Bild war geil 🙂

Derzeit fotografiere ich mit einer 5dmk3 und 5dmkI mit dem 16-35 2.8 II, 24 1,4 L 50 1.2 L , 85 1.2 L, 200 1.8 L und ein bissel Licht 😉

Was ist Dein Plan/Traum für die nächsten 6-12 Monate?

Ich habe ein paar Bildideen im Kopf welche ich noch vor der kommenden Hochzeitssaison umsetzen möchte. Auch ein paar soziale Projekte stehen auf dem Plan. Ich würde gern in ein Krisengebiet und dort ein paar Reportagen fotografieren. Wie schon erwähnt steht Amerika dieses Jahr noch auf dem Programm.

Welchen Tipp kannst Du einem Anfänger geben, der seine Fotos sofort verbessert? (außer mehr fotografieren)
Mit einer konkreten Bildidee im Kopf zu einem Shooting gehen.

© Christian Wolf

© Christian Wolf

Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie siehst Du die Zukunft für Fotografen? Was kann der Einzelne noch machen, um in diesem Meer wahrgenommen zu werden?

Die Antwort ist hier vermutlich: seinen eigenen Stil finden. Es ist sehr sehr schwer, seinen eigenen Stil zu finden.

Nenne uns bitte ein Buch, welches das Leben unserer Leser verändern wird. Egal ob Roman oder Sachbuch.

Die Bibel und Paulo Coelho – der Alchimist

Hier noch 6 ganz kurze Fragen:

Bauch oder Kopf? Bauch

Handwerker oder Künstler? Künstler

Schach oder Poker? Poker

Hochzeit- oder Peoplefotografie? Hochzeitsfotografie

Festbrennweite oder Zoom? Festbrennweite

Blitz oder natural Light? gute Mischung 😉

Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all deinen zukünftigen Projekten.

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