Interview mit Serge Ramelli – dem französischen Photoshop Schwarzgurt

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Serge Ramelli würde, wenn es für Photoshop Gürtel wie im Kampfsport gebe, mit Sicherheit den schwarzen tragen. In diesem Interview erzählt er wie er zur Fotografie gekommen ist, wem er seine Photoshop Skills zu verdanken hat, wie sich Fotografen für die Zukunft wappnen können und vieles mehr. Aber lest selbst:

Hallo Serge, für alle unsere Leser die Dich noch nicht kennen, erzähl uns ein bisschen über Dich.
Ich bin ein französischer Fotograf, der hauptsächlich Interior Design und Landschaften fotografiert und Fotografie unterrichtet. Außerdem habe ich mit ein paar Freunden eine Filmproduktion mit dem Namen Alandra Films gegründet. Letztes Jahr haben wir 10 Kurzfilme gedreht und finanzieren aktuell zwei Spielfilme. Es ist ein langer Prozess, aber wenn alles gut geht, werden wir unseren ersten Film im August drehen. (Daumen gedrückt) 🙂
Für viele Jahre war ich ein Vertriebler und ziemlich gelangweilt, da ich eigentlich, seit ich ein Kind bin, etwas mit Kino und Fotografie machen wollte, aber leider nie die Chance hatte. Nicht zuletzt, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich das mit dem Geld machen soll. Also habe ich als Vertriebler gearbeitet und mir Abends und am Wochenende Fotografie und Filmdrehen beigebracht. Eine Phase, die 5 Jahre von 2005 bis 2010 angehalten hat und in der die sehr große Fotosammlung Paris Cinema entstanden ist, die Ihr Euch hier anschauen könnt.
2008 habe ich mich mit einem Freund zusammengetan, der TV-Drehbücher schreibt und 2 lange feature Filme fertig geschrieben hatte. Ich las das Script und liebte es, und weil ich viel Erfahrungen im Vertrieb hatte, entschieden wir uns dazu eine Produktionsfirma zu gründen und diese Filme zu produzieren. Leider ist es so, dass es ca. 2-3 Jahre dauert bis man Geld verdient, wenn man einen Film produziert, was ich mir mit 4 Kindern und einem großen Haus nicht leisten konnte. 2010 beauftragten mich viele meiner regulären Kunden (ich verkaufte Webseiten an Hotels in Paris) ihre Hotels zu fotografieren oder kauften meine Fotokunst, und da dies immer häufiger vorkam, kündigte ich meinen Job als Vertriebler und widmete mich der Fotografie in Vollzeit. Die ersten Monate waren hart, da ich viel Geld verdienen musste um meine Rechnungen bezahlen zu können, aber da ich immer bessere Fotografie machte, wurde ich auch immer öfter gebucht und verdiene heute doppelt soviel Geld wie ich damals als Vertriebler bekommen habe.
Eine Lektion die ich gelernt habe ist, dass egal was man machen will, man muss seine Träumen verfolgen. Du kannst nicht 60 Jahre alt werden und dann auf dein Leben zurück schauen und sagen: „Ich hab es nicht gemacht.“ Wenn Du morgen aufwachst und liebst was Du machst, bist Du besser darin und je besser wird auch das Geld, dass in deine Richtung wandert.
Trotz allem war Geld nie meine Motivation, denn sonst hätte ich auch im Vertrieb bleiben können. Das machen was ich will, egal zu welchem Preis, war meine Motivation, und dass ich jetzt mehr Geld damit verdiene ist ein Bonus, war aber nicht mein Hauptziel.

Coucher de soleil sur le pont des arts © Serge Ramelli

Du hast, was ich als einen schwarzen Gürtel in Photoshop bezeichnen würde. Wie teilt sich deine Zeit zwischen Fotografieren und Postprocessing in Photoshop?
Ich habe Photoshop studiert und das Lustige ist, dass ich, wenn ich eine neue Photoshop Technik erlernte, dieser verfiel und sie viel zu oft benutzte. So habe ich in den ersten Jahren fast nur HDR Fotos von Paris gemacht, für einige Zeit „zu viel HDR“, und dann wurde ich besser. Jetzt benutze ich nur noch Lightroom um die ganze Dynamik des Fotos auszureizen, aber trotzdem eine natürliche Optik zu erhalten. Ich glaube jeder Trick den Du lernst wird erst benutzt, und später nur noch subtil eingesetzt.
Da ich jetzt nur noch Lightroom benutze dauert es nur noch ein paar Minuten bis ein Foto retouchiert ist und die meiste Zeit verbringe ich mit dem warten auf das rechte Licht und fotografieren, was wohl ca. auf ein Zeitverhältnis von 90% Fotos aufnehmen und 10% Lightroom/Photoshop hinausläuft.

Du bist nicht nur ein Experte wenn es um Photoshop geht, Du unterrichtest es auch. Du hast außerdem einen speziellen Unterrichtsstil: „1. keine technischen Wörter mit anderen technischen Wörtern erklären, sondern in einfachen Englisch. 2. Keine Theorie, nur praktische und visuelle Beispiele.“ Welchen Tipp hast Du als Lehrer um einem Anfänger dabei zu helfen sofort bessere Fotos zu machen oder sie in Photoshop aufzuwerten, außer eine Kamera zu nehmen und mehr Bilder zu machen.

Ich habe alles von Scott Kelby, Matt Klowkowski und Calvin Hollywood (ein deutscher Typ!) gelernt, die einen sehr visuellen und einfachen Stil des Unterrichtens haben. Ich glaube dass Du, wenn Du Photoshop lernen willst, nicht die Menustrukturen, Filter und was sonst noch macht lernen musst. Man nimmt am besten ein Fotoprojekt und zeigt vom Anfang bis zum Ende welche Schritte nötig sind um ein Foto zu retouchieren. Auf diesem Weg lernt man schneller. Genauso wichtig ist es keine Fachtermini zu benutzen die während der Lektionen nicht verstanden werden und ich versuche immer Worte aus dem Alltag zu finden um technische Begriffe zu erklären.

Um mit dem Retouchieren anzufangen empfehle ich Lightroom, da es relativ günstig und einfach zu benutzen ist, besser noch mit einer guten Anleitung kann man in Minuten anfangen.

Lernen kannst Du mit meinen Materialien, oder denen von Scott Kelby, der Typ ist der beste Lehrer der Welt.

Auf Deiner Webseite steht, dass Du ein Filmproduzent bist, aber es erscheint so als ob Du nicht mehr als einer arbeiten musst. In wie fern hat das Internet und die Chance digitale Fotografie zu unterrichten Dein Leben befreit?

Es ist genau anders herum! Ich liebe es ein Fotograf zu sein, aber mein wahrer und größter Traum ist es ein Filmproduzent und Regisseur zu sein. Jetzt, wo es mit meiner Fotografie so gut läuft habe ich einiges an Zeit übrig um an Filmen zu arbeiten. Ich werde aber nie damit aufhören Fotos zu machen, aber die kommerzielle einstellen, sobald ich mein Geld als Filmproduzent verdienen kann.

Was sagst Du Fotografen, die Angst haben ihre Jobs und ihr Geld durch billigere Kameras, immer mehr Fotografen und Milliarden aufgenommenen Fotos zu verlieren, und deren Bilder noch dazu im Internet gestohlen werden.

Wie oben schon gesagt habe, aber ich kann noch hinzu fügen, dass selbst wenn du auf eine Hochzeit gehst dort 10x mehr Menschen eine DSLR haben und gute Fotos machen. Das eine, was viele Menschen nicht meistern ist gutes Retouchieren, und wenn du als Fotograf Erfolg haben möchtest, musst du ein Experte im Retouchieren werden. Das ist die Zukunft und braucht mehr Erfahrung und Fähigkeiten, die ein einfacher DSLR Besitzer normalerweise nicht meistert.

Du bist ein lebhafter Nutzer von Social Media. Du bist sogar sehr aktiv auf google+. Warum sollte ich als Fotograf dahin, wenn ich schon auf facebook und twitter vertreten bin? Gibt es Vorteile für Fotografen?

Ja es gibt viele Vorteile. Ich verdiene sehr viel mit meinen Webseiten, und meine Webseite ist über facebook und google+ bekannt. Ich wurde erst kürzlich sehr aktiv auf facebook, aber ich glaube es ist noch ein besserer Weg für einen Fotografen, da es soviele Fotografen gibt denen Tausende von Menschen auf google+ folgen. Aber du musst hilfreich sein und oft etwas schreiben. Es gibt ein klasse Buch zu dem Thema mit dem Namen What’s the Plus von Guy Kawazaki das ich empfehlen kann und alles ist was du zum starten brauchst. [Anmerk. das Buch kostet nur 3$ und ist also ein echtes Schnäppchen für jeden, der google+ für sich nutzen will]

Du lebst im schönen Frankreich. Paris ist eine dieser Städte wo es Dutzende von Photo Locations gibt die umwerfend, aber überfüllt mit Touristen sind. Was sind ein paar der geheimen Ecken in Paris, oder vielleicht sogar ganz Frankreich, die jeder Fotograf gesehen haben muss, aber die nur wenige Touristen kennen.

Es gibt 2 Tipps die ich geben würde: Alle Brücken in Paris sind wunderschön, und selbst wenn dort immer viele Touristen sind findet man leicht Blickwinkel aus denen man fast niemanden sieht. Dann gibt es die Gegend um Montmartre und hinter Montmartre gibt es viele Gegenden wo es fast keine Touristen, aber großartige Aufnahmemöglichkeiten gibt.

Ich habe auf 500px letzten noch einen Bericht über meine Lieblingsspots geschrieben, den Ihr hier finden könnt.

Erzähl uns etwas über Deine APP’s und wie Du dazu gekommen bist diese zu produzieren! Das ist etwas, was noch nicht viele Fotografen/Designer machen. Wie hat sich das für dich ausgezahlt?

Ich verkaufe Photoshop Tutorials auf Französisch über eine webseite mit dem Namen tuto.com und hatte die Idee Englische Tutorials zu machen, da ich einige Zeit in LA gelebt habe als ich jung war. Ich habe eine webseite mit dem Namen buzztouch.com gefunden und mit etwas Arbeit habe ich Wege gefunden Tutorial APP’s zu machen, die sich ganz gut verkaufen.

Hast Du irgendwelche neuen Projekte in Planung die Du mit uns teilen möchtest? Oder irgendwelche Orte an denen man Deine Materialien anschauen kann?

Nächste Woche werde ich mit Scott Kelby arbeiten der nach Paris kommt, was mich so aufregt, dass ich kaum noch schlafen kann, fast so wie ein Pop Fan der Michael Jackson trifft!

Ich freue mich auch darauf im August den Film zu drehen. Es wird ein Genremix aus Komödie/Science Fiction mit dem Namen „The house of time“.

Meine Lehrmaterialien zur Bildbearbeitung könnt ihr für verschiedene Platformen unter: www.photoserge.com/apps finden

In den nächsten paar Wochen sollte auch noch ein Lightroom 4 Ebook veröffentlich werden.

Nenne uns bitte ein Buch, welches das Leben unserer Leser verändern wird. Egal ob Roman oder Sachbuch.

Ich weiss ich bin jetzt nicht sehr originell, aber Photoshop CS5 für Fotografen von Scott Kelby ist das beste Buch um anzufangen. Es hat zumindest mein Leben verändert.

Welche Frage hätten wir Dir noch stellen müssen? Und was ist die Antwort?
Für welchen Presidenten ich am 6. Mai stimmen werde: Nicolas Sarkozy.

Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit allen zukünftigen Projekten.

Tku for the interview.

Serge