Sebastian Wahlhütters Bilder begeistern. Eindrucksvolle Landschaften – und Action mit genau dem richtigen Timing und Auge für den Moment. Der junge Wiener hat in kürzester Zeit dafür gesorgt, dass sein perfektes Portfolio die richtigen Kunden anspricht. Heute hat er uns im Interview Rede und Antwort gestanden wie er zur Fotografie gekommen ist, was die Outdoor- und Abenteuerfotografie ausmacht und welche Tipps er für Fotografen hat.
Mehr seiner Arbeiten findest Du auf seiner Seite, oder in den sozialen Netzen bei: 500px, facebook, instagram. Es war uns eine Freude, viel Spaß mit dem Interview.
Hallo Sebastian, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen!
Fotograf mit Schwerpunkten in Outdoor- und Abenteuerfotografie sowie Reportage. Lebensmittelpunkt in Wien. Zahlreiche internationale Publikationen und Auszeichnungen u.a. National Geographic, GEO, Rock&Ice, Climax, Outdoor-Magazine, Men’s Health, Red Bull Illume u.v.m.
Wann hat es bei Dir Klick gemacht und Du wusstest, dass ist es womit ich mein Geld verdienen möchte?
Das war ein längerer Prozess der sich neben meiner akademischen Karriere entwickelt langsam entwickelt hat. Ich beschäftige mich jetzt schon seit knapp 15 Jahren mehr oder weniger intensiv mit Fotografie aber vor allem in den letzten 6 Jahren hatte ich eine besonders intensive Auseinandersetzung mit der Materie und da stand es schon öfters im Raum dies zu meiner Haupttätigkeit zu machen.
Du hast einen Doktor in Anthropologie und hast dann noch eine Ausbildung als Fotograf gemacht. Ist das dem österreichischem Rechtsstaat und der Möglichkeit sich als Fotograf selbstständig zu machen geschuldet, oder was hat Dich dazu bewegt nach dem Doktor noch eine zweite „Ausbildung“ anzufangen?
Die fotografische Ausbildung habe ich parallel zu meinem Studium absolviert. In Österreich war das Ablegen der Meisterprüfung für Berufsfotografie bis vor einigen Jahren noch verpflichtend um sich als Fotograf selbständig zu machen. Meine Beweggründe damals waren aber hauptsächlich von persönlichem Interesse getrieben. Ich habe mich einfach für die Materie interessiert und die intensive theoretische und praktische Auseinandersetzung war damals eine willkommene Herausforderung bei der ich wirklich viel gelernt habe.
Du hast den dadurch einen klassischen Weg in die Fotografie gewählt und eine Ausbildung gemacht. Würdest Du diesen Weg wieder gehen?
Ganz klassisch war der Weg nicht, da ich unter anderem als externer Kandidat zur Prüfung angetreten bin und kein klassische Lehrausbildung absolviert habe. Die Kurse und Workshops die ich im Laufe meiner Karriere und auch zur Vorbereitung absolviert habe, waren aber allesamt sehr produktiv, da oft von einem verlangt wird, sich mit Dingen auseinander zu setzen mit denen man sich sonst nicht beschäftigen würde.
Wie sportlich musst Du für Deine Aufnahmen sein? Die Kletterbilder sehen so aus, als ob Du immer direkt im Geschehen bist. Welche Herausforderungen gibt es in der Zusammenarbeit mit den Athleten vor der Kamera?
Für viele meiner Fotos muss man selber gewisse athletische Fähigkeiten mitbringen, das ist richtig. Also ein gewisses Maß an Kletterkönnen, Seiltechniken, Ausdauer und Motivation ist schon gefragt um sein Equipment ins oft steile und unwegsame Gelände zu bringen. Andere Disziplinen muss man zwar nicht praktisch können aber ein gewisses Verständnis von der Materie braucht es immer um zu einer fotografischen Essenz zu gelangen. Das ist „part of the job“ und macht Adventure-Fotografen selber zu einer Art Alround-Athleten wie ich finde.
Durch welchen Sport bist Du bei deinem Schwerpunkt gelandet? Was sind die Herausforderungen für Dich, wenn Du eine neue Sportart fotografierst? Bist Du selbst an einer Sportart, die Du fotografiert hast, „kleben“ geblieben?
Ich habe mich schon immer für unterschiedlichste Bewegungsformen begeistern können und auch schon viele Dinge in meiner sportlichen Karriere ausprobiert. In den letzten Jahren hat sich meine aktive Tätigkeit vorwiegend auf Klettern und alpinistische Unterfangen reduziert. Auf Grund meiner Arbeit kompensiere ich den Rest dann wohl durch meine fotografische Dokumentation.
Stichwort: Ausrüstung. Was bist Du bereit für einen Auftrag im „Nirgendwo“ mitzuschleppen, wie z.B. bei Deinen genialen Hängematten Bildern? Eigentlich ist ja jedes Kilo, welches man an Outdoor-Ausrüstung sparen kann, teuer erkauft. Auf was kannst Du nicht verzichten? Wie unterscheidet sich Dein Vorgehen hier zu einem normalen Auftrag bei dem Du nicht auf das Gewicht achten musst?
Das ist ganz unterschiedlich. Für unzugängliches Gelände mit Expeditionscharakter gilt schon, so reduziert wie möglich zu packen. Das heißt in der Regel, Kamera, wenig Objektive und meist ein externes Blitzgerät. Wichtig ist da neben dem Gericht auch das Packmaß, da man es neben anderen Dingen im Rucksack verstauen muss. Es kommt aber schon auch vor, dass gerade bei größeren Projekten einiges an logistischem Aufwand betrieben wird um vor Ort portable Outdoorblitzgeräte, unterschiedliche Kamerasystem und sonstiges Equipment zu installieren. Da bedarf es dann eben an Helfern und natürlich auch Zeit für die Vorbereitung.
Deine Bilder sind geprägt von klarem Bildaufbau und viel Action. Wie abhängig bist Du von den Athleten/der Location und wie viel Gestaltungsfreiheit hast Du bei der Wahl der Orte? Was ist Deine Herangehensweise um die Action bestmöglich dazustellen?
Auch das ist ganz unterschiedlich. Oft findet man einen Ort an dem man gerne ein Projekt realisieren möchte und dann überlegt man sich welche sportliche Disziplin dafür eigenen würde und sucht sich einen Protagonisten. In anderen Situationen ist das gesamte Setting vorgegeben und man muss sich dann oft recht schnell entscheiden wie man die fotografische Umsetzung gestaltet.
(Exterm)Sport hat immer mit dem Moment zutun. Dein Kopf ist nicht frei für andere Gedanken, denn Du bist absolut in dem was Du machst, wenn Du z.B. auf einer Welle stehst, den nächsten Griff an der Wand angehst oder mit einem anderen Kampfsportler am Boden rollst. Ist für Dich Fotografie eher ein Dialog, oder eine Form der Meditation?
Ich würde es zwar nicht Meditation nennen aber beim Fotografieren bin ich dann schon voll auf meine Tätigkeit konzentriert der für innere Dialoge keinen Platz lässt.
Bilder Post Processing – automatisieren, outsourcen oder doch lieber selbst machen?
In der Regel selber machen – für besonders aufwendige Szenarien schon mal auch outsourcen.
Über die GEschichte mit dem Hund ist lang und breit geschrieben worden – was ist die Geschichte hinter der Fotografie, die auch nach Jahren noch ein Schmuzeln/nervöses Zucken/oder was auch sonst für eine Emotion in Dir hervorruft?
Die Geschichte mit dem Hund ist auch drei Jahre später immer noch präsent und ich bekomme immer noch relative viele Anfragen, die sich um das Wohlbefinden des vierbeinigen Freundes drehen. Anfangs habe ich mich schon geärgert wenn das Bild wieder irgendwo ungefragt im Internet verwendet wurde aber mittlerweile amüsiere ich mich schon drüber.
Wir haben alle Momente in denen unsere Fotos einen kleinen Sprung machen. Wir verstehen vielleicht die Technik, Soziologie/Psychologie, Bildbearbeitung etc. Was waren bei Dir Momente in denen Du gemerkt hast, „Oh, jetzt habe ich das endlich verstanden, warum habe ich das vorher nicht gesehen?“
Es kommt immer wieder vor, dass der fotografische Output unerwartete Resultate liefert die einem schon mal die Augen öffnen können. Ein so ein Bereich war in den letzten Jahren bei mir beispielsweise der Einsatz von portablen Blitzanlagen im Outdoorbereich. Das ist eine technische Komponente bei der ich immer wieder neue Dinge lerne und solche Aha-Erlebnisse habe.
Viele Fotografen haben in der ganzen Debatte rund um Verwertung von eigenen Bildern Ihre eigene Position und reagieren ganz unterschiedlich. Egal ob die Angst das jetzt jeder eine Kamera hat und Fotos macht, oder das jemand die Bilder im Internet stiehlt. Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie sieht Du die Zukunft für Fotografen?
Ich denke bei der Frage muss man auch zwischen den unterschiedlichen Genres der Fotografie differenzieren. Meine fotografischen Arbeiten bewegen sich ja in einer relativen fotografischen Nische in der ich auch ständig bestrebt bin Dinge zu kreieren die noch nicht dagewesen sind. Aber natürlich, Fotografie ist in der heuteigen Zeit ein hoch dynamisches Feld bei dem es meist nicht mehr reicht sich an den klassischen Regeln zu orientieren die vor wenigen Jahren vielleicht noch Gültigkeit hatten. Fotografen wird es auch in Zukunft noch geben aber die Herausforderungen ändern sich.
Nenne uns bitte ein Buch, welches unserer Leser lesen sollten um ihr Leben interessanter zu machen. Egal ob Roman oder Sachbuch.
Light, Science and Magic [Amazon Link] – ein schon älterer aber zeitloser Klassiker zum Verständnis von Licht und Lichtsetzung in der Fotografie
5 ganz kurze Fragen
Bauch oder Kopf?
Handwerker oder Künstler?
Klettern oder Slackleinen?
Festbrennweite oder Zoom?
Alpen oder Himalaya?
Bei all den Fragen kann ich nur sagen, dass für mich nur die Kombination aus beidem bzw. der jeweilige Kontext entscheidend ist. Die Welt ist nicht schwarz oder weiß und in den Alpen lassen sich andere Projekte und Herausforderungen realisieren als im Himalaya. Zoomobjektive sind wesentlich vielseitiger in Bereichen wo es schnell gehen muss aber Festbrennweiten haben ebenso ihre Qualitäten die ich nicht missen möchte. Handwerker ist man als Fotograf eigentlich immer aber gerade bei persönlichen Projekten versuche ich mich über etablierte Regeln hinwegzusetzen.
Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all deinen zukünftigen Projekten.