Andreas Levers fotografiert – und so manchen mag es wundern, dass es für ihn nicht sein Brotverdienst ist. Architektur und Landschaften ohne TamTam, mit der Magie des nüchternen Minimalismus. Besser bekannt ist der in Potsdam lebt unter seinem Alias 96dpi und ist tagsüber ist er als Mediengestalter tätig. Heute hat er sich die Zeit genommen ein paar Fragen rund um seine Fotografie zu beantworten, seine Art zu sehen näherzubringen und über die Architekturfotografie im allgemeinen zu quatschen. Weitere seiner Arbeiten findest Du in seinem Portfolio oder bei flickr und instagram. Einen kleinen Einblick in seinen Gedankenstrom findest Du bei Twitter. Los geht’s…
Hallo Andreas, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen…
Ich bin im Münsterland aufgewachsen und vor mehr als 10 Jahren nach Potsdam umgezogen, wo ich lebe und arbeite. Kurz nach dem Umzug habe ich mich erst selten und dann immer mehr mit der Fotografie beschäftigt. Am Anfang habe ich viele Genres probiert und bin nach und nach immer mehr zur Architektur- und Landschaftsfotografie gekommen, wobei erstere im Vordergrund steht. Zusätzlich engagiere ich mich im Verein Fotogalerie Potsdam, der in Potsdam pro Jahr 5 Ausstellungen mit wechselnden Künstlern organisiert.
Deine Werke haben klare Formen, spielen mit den Farben und sind alle irgendwie ein bisschen surreal. Welten ohne Menschen. verlassen, einsam und sehr „sauber“, oder doch eher nüchtern? Wie würdest Du Deine Bildsprache beschreiben?
Nüchtern trifft es schon ganz gut. Das Ziel ist eine Balance aus Realismus und Bildwirkung. Bei der Bearbeitung geht es mir darum, die Wirkung der Motive zu verstärken und durch die Farbgebung in die Serien einzubinden. Gleichzeitig soll die Bearbeitung aber auch nicht aus dem Ruder laufen, so dass die Fotos noch vertraut wirken und nicht durch den Stil zusammengehalten werden. Das ganze ist irgendwo zwischen ehrlicher Dokumentation und bearbeitetem Hochglanz.
Was ist für Dich der Unterschied zwischen Architektur und Landschaftsfotografie?
Handwerklich finde ich den Unterschied eher gering. Inhaltlich ist Architektur für mich aber vielschichtiger, weil mit ihr immer auch der Gestaltungswille derjenigen verknüpft ist, die gebaut haben. Dabei finde ich nüchterne Zweckbauten und Infrastruktur interessant, weil die nicht hochtrabend konzipiert wird aber trotzdem eine sehr große Rolle im Alltag der Menschen spielt. Diese Orte können überall und nirgendwo im Land stehen und sind meistens nicht bewusst in der Wahrnehmung.
Welche Rolle spielt die Brennweite für Dich?
Mittlerweile spielt sich 90% meiner Fotografie im Bereich zwischen 24mm und 70mm ab.
Was ist das wichtigste Werkzeug als Architekturfotograf?
Gute Vorbereitung. Ich verbringe viel Zeit damit Ziele zu suchen, den Wetterbericht abzupassen und den Sonnenstand im Voraus zu berechnen. Wenn man einen Grundstock an Ausrüstung hat und sich eine Routine im Umgang damit ergibt, wird die Bedeutung von Technik geringer. Trotzdem hab ich natürlich Spaß an neuen Gadgets und ändere immer mal wieder den Inhalt der Kameratasche. Aber es ist erstaunlich, wie wenig man am Foto sieht, womit es gemacht wurde.
Wie ist das Verhältnis Post-Processing zur eigentlichen Aufnahme?
Als ich anfing habe ich in erster Linie fotografiert, um mich danach in Photoshop auszutoben. Das hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und mittlerweile würde ich schätzen, dass ich 80% der Zeit mit der Vorbereitung und Fotografie und 20% mit der Bearbeitung verbringe. In 9 von 10 Fällen findet die Bearbeitung nur im RAW-Entwickler statt und ist nach einigen Minuten abgeschlossen. Wenn mir das Foto auf dem Display der Kamera nicht gefällt, ist es unwahrscheinlich, dass ich es in der Post rette.
Es gibt zwei Versuche von Serien, die eine Ausnahme darstellen: Floaters und die 3D-Experimente mit Architektur.
Wo wir bei der Post waren, wie bist Du auf die Idee hinter Floaters gekommen? Was ist der Gedanke dahinter – und können wir uns auf „Floater“ in der Architektur freuen, oder ist das erstmal nur für die Landschaftsfotografie reserviert?
Ich habe mich immer schon für die kreative Arbeit mit 3D-Software interessiert. Es ist virtuelle Fotografie. Man setzt physikalisch korrekte Lichter in einer plausiblen Umgebung um mit einer Kamera ein Foto zu machen. Diese Technik zu nutzen, um echte Fotos mit virtuellen Objekten realistisch zu kombinieren fand ich interessant. Floaters war ein erster Versuch, daraus eine Serie zu machen. Aktuell bin ich noch nicht sicher, in welche Richtung sich das weiter entwickelt.
Welchen Tipp kannst Du einem Anfänger geben, der seine Architektur-Fotos verbessert?
Persönlich habe ich sehr davon profitiert, mich mit Architektur als Thema inhaltlich und abseits der rein visuellen Ebene zu beschäftigen, also den Epochen, den großen Architektinnen und Architekten und der Theorie dahinter. Man sollte das Genre mögen und verstehen. Damit wird die Bildsprache individueller und interessanter. Genau so wie ich glaube, dass richtig gute Porträtfotografen ihre Modelle interessant finden müssen, um wirklich gute Fotos zu machen.
Was ist ein typischer Fehler den Fotografen immer wieder machen, wenn Sie Architektur ablichten?
Das ist höchst subjektiv. Ich würde es vielleicht nicht Fehler nennen. Wenn ich damit antworten darf, was mir nicht gefällt: Zu extremer Weitwinkel, zu starke Bearbeitung und nur die Schokoladenseiten zeigen.
Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie siehst Du die Zukunft für Fotografen? Und was kann ein einzelner noch machen, um in diesem Meer wahrgenommen zu werden?
Ich finde es gut, dass die Einstiegshürde für die Fotografie so niedrig ist. Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr Talente finden Zugang, die sich früher vielleicht nie damit beschäftigt haben. Allerdings sagt sich das für mich auch sehr leicht, weil ich nicht davon leben muss und nur für mein Ego in dem Streben nach Aufmerksamkeit mitmache. Aus wirtschaftlicher Sicht wird es sicher immer härter.
Nachdem ich anfangs jedem Trend hintergelaufen bin und versucht habe „Erfolgsrezepte“ zu optimieren, bin ich irgendwann frustriert dazu übergegangen für mich selbst zu fotografieren. Wenn man konsequent seinen eigenen Weg sucht und dann geht, finden sich auch Menschen, die sich dafür interessieren.
Was ist ein Buch, oder eine Geschichte die Dein Leben verändert hat?
Die Neuromancer-Trilogie von William Gibson hat mich stark geprägt.
Welche Frage hätten wir Dir noch stellen müssen? Und was ist die Antwort?
Welche Fotografen inspirieren Dich?
Zu viele, um alle zu nennen, aber im Moment zum Beispiel Matthias Heiderich, Peter Bialobrzeski oder Edward Burtynsky.
Hier noch 5 ganz kurze Fragen:
Bauch oder Kopf? Bauch
Sonnenauf- oder Sonnenuntergang? Aufgang
Handwerker oder Künstler? Handwerker
Festbrennweite oder Zoom? Zoom
Hochhaus oder Klippen? Hochhaus
Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all Deinen zukünftigen Projekten.
Sehr gerne – Ich muss mich bedanken!
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