Kilian Schönberger ist nicht nur Photograph, sondern hat ein abgeschlossenes Studium, welches auf die gleiche Silbe endet: Geograph. O.K., wie Ihr Fotograf und Geograph nun schreibt überlasse ich mal Euch, wir sind kein Rechtschraibblog. Seine Arbeiten sind geprägt von einer inneren Schönheit und einer Bildgewaltigkeit, die für sich selbst spricht. Sein Portfolio findet ihr hier, Aktuelles teilt er hauptsächlich über facebook und neue Fotoserien findet Ihr in seinem Blog. Für uns hat er sich die Zeit genommen einige Fragen rund um sein Leben mit der Fotografie zu beantworten und er spricht mit uns über seine Wurzeln, seine Philosophie und das wichtigste Equipment für Landschaftsfotografen.
Hallo Kilian, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen!
Hallo! Mein Name ist Kilian Schönberger, 28 jähriger Diplom Geograph aus Bonn mit bayerischen Wurzeln. Meine fotografischen Schwerpunkte sind Natur- und Stadtlandschaften. Ich bin sozusagen im städtisch geprägten Rheinland gleichermaßen zu Hause, wie in der Abgeschiedenheit bayerischer Berglandschaften.
Wann hat es bei Dir klick gemacht und Du wusstest: Fotografie ist das, womit ich meinen Lebensunterhalt bestreiten will? Welche Steine musstest Du auf Deinem Weg beiseite räumen? Wie kombinierst Du dies mit Deiner geografischen Ausbildung?
Die Fotografie ist für mich derzeit zweites Standbein – aber mit zunehmend steigender Intensität und Aktivität. Der Schritt hin zur Professionalität ist eine spannende Herausforderung, da es keine vorgezeichneten Pfade bzw. kein allgemeingültiges Rezept dafür gibt.
Die Geographie kommt mir insofern zu Gute, als dass sie einen unverstellten umfassenden Blick auf die Dinge ermöglicht. Sprich, man kann verschiedene Standpunkte einnehmen um Sachverhalte aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu reflektieren. Das ist beim Fotografieren insofern praktisch, da mit verschiedenen Arbeitsmethoden und stilistischen Ausprägungen unterschiedlichste Ansprüche bedient werden können.
Deine Fotos sind geprägt durch Deine Nähe zur Geografie. Wenn ich Deine letzte Fotoserie sehe, klappt mir die Kinnlade runter, eine Hammer Panorama Serie aus den Dolomiten.
Wie viel Zeit brauchst Du um solch eine Serie umzusetzen? Wie viel Vorbereitung steckt hinter diesen Bildern?
Die Vorbereitungszeit war relativ kurz, ich hab unmittelbar vor diesem Wochenende beschlossen mit nach Südtirol zu fahren, da mein Bruder dort am Trailrun vom Talort Sexten hoch zur Drei-Zinnen-Hütte teilnahm. Daher konnte ich mir auf die Schnelle nur einen groben Überblick verschaffen und musste mich dementsprechend vor allem vor Ort auf die fotografischen Bedingungen einstellen. Wobei mir die grundlegenden Motive wie Drei-Zinnen-Nordseite und Paternkofel aus Bildbänden und Webgalerien bekannt waren.
Ich würde sagen, dass man dann noch einen kompletten Tag vor Ort einrechnen sollte, um die für die Aufnahme wichtigen lokalen Bedingungen zu verstehen. Also z.B. wie ändert sich das Licht im Tageslauf, welche Motive gibt es, welche Aufnahmestandpunkte und auf welchen Wegen sind diese zu erreichen. Darauf basierend kann man sich dann am Folgetag gezielt positionieren (soweit das Wetter mitspielt, in den Bergen immer so eine Sache) und die gewünschten Aufnahmen machen. Am ehesten bieten sich natürlich die Morgen- und Abendstunden an. Wenn keine längere Bergtour ansteht, lehnt man sich tagsüber zurück und holt ein wenig Schlaf nach. Ein ausgiebiges Mittagessen ist auch empfehlenswert, da sich die Stunden mit gutem Fotolicht und die festen Zeiten von Frühstück und Abendessen auf Berghütten leider meist gegenseitig ausschließen.
Welche Landschaften willst Du als fotografierender Geograf in der nächsten Zeit erkunden? Bei solch einer intensiven Studie unserer Welt ist die Liste der attraktiven Ziele bestimmt lang.
In der nächsten Zeit stehen vor allem Landschaften in Mitteleuropa auf dem Plan. Gerade direkt vor der eigenen Haustür liegen oft Szenerien, die erst noch fotografisch „wachgeküsst“ werden müssen. Jetzt im Herbst hatten auch die Mittelgebirge Konjunktur. Bei den „Nahzielen“ hat man den Vorteil, dass man besser auf geeignete Wetterstimmungen reagieren kann. Bei Fernzielen hat man ja ein geringeres Zeitfenster pro Location, so dass sich daraus zwei unterschiedliche fotografische Ansätze ergeben. Warten auf die optimalen Bedingungen für eine nicht so spektakuläre Landschaft vs. Ausnützen der gegebenen Bedingungen für eine spektakuläre Landschaft.
Ansonsten sind für mich vor allem die gemäßigten und nördlichen Breiten attraktiv. Skandinavien, Island, Patagonien, Kamtschatka, Kanada, Neuseeland, Spitzbergen, Grönland, Kasachstan, Mongolei, Himalaja… etc.
Romantik von Casper David Friedrich, die immer wieder von einem nüchternen Dokumentationsstil durchbrochen wird. Ist das eine angebrachte Beschreibung für Deine Bilder?
Ja, ich fühl mich durchaus in diesen beiden Bereichen heimisch. Tendenziell sind die Aufnahmen mit anthropogenen Spuren eher dokumentarisch, diejenigen, die scheinbar unberührte Natur darstellen eher in der Tradition der Malerei eines CDF. Wobei die Darstellung dieses romantischen Naturzustands und die scheinbare Unberührtheit auch ein bewusstes Spiel mit den kulturell geprägten Idealvorstellungen von UR-Natur ist.
Welche Rolle spielt in Deiner Fotografie die Kunst, welche Auftragsarbeiten?
Ich bin der Meinung, dass Kunst eher von „außen gemacht“ wird. Also müssten andere beurteilen, inwieweit die Kunst in meiner Fotografie eine Rolle spielt. Auftragsarbeiten werden zunehmend wichtiger. Aber auch dabei achte ich darauf, dass meine eigenständige gestalterische Handschrift möglichst gut abzulesen ist.
Wie ist das Verhältnis Bilder Post Processing zur eigentlichen Aufnahme?
Wo früher in der Dunkelkammer mehr handwerkliches Arbeiten gefragt war, dominiert heute das digitale Post Processing am Rechner. Ich sehe darin eine Möglichkeit, Bildern einen individuellen Ausdruck zu verleihen. Die Intensität der Bearbeitung ist sehr unterschiedlich – manche Bilder entsprechen fast der Datei die aus der Kamera kommt, bei anderen optimiere ich die Farben oder die Lichtintensität lokal relativ intensiv.
Prinizipiell war Fotografie schon immer Manipulation und eine subjektive Sicht auf die Realität. Es mag sein, dass die digitale Technik dem Fotografen heute mehr Freiheiten bei der Bearbeitung nach der Aufnahme gewährt. Aber diese Freiheiten wirklich gezielt für ein beabsichtigtes Ergebnis zu nutzen, will erstmal gelernt sein. Viele verlassen sich auf Plug-Ins und vorgefertigte Effekte. Ich möchte dagegen die einzelnen Bearbeitungsschritte nachvollziehen können. Wenn man versteht wie einzelne Bildbearbeitungswerkzeuge funktionieren (was bei digitaler Fototechnik viel mit Mathematik zu tun hat), erreicht man über das Abgleichen von kleinsten Nuancen in sich stimmige Bilder.
Welchen Tipp kannst Du einem Anfänger geben, der seine Fotos sofort verbessert?
Sofort verbessern: Eine „iconic location“ aufsuchen und eine ansprechende Bildkomposition nachahmen (Anregungen finden sich im Internet). Dieser Weg führt vermutlich recht schnell zu gefälligen Ergebnissen, die im Bekanntenkreis gut ankommen. Für einen langfristigeren Lerneffekt empfehle ich jedoch, dass man sich auch mit „langweiligen“ Motiven vor der Haustüre auseinandersetzt und versucht dort das Optimum herauszuholen. Der fotografische Blick, den man sich so erwirbt, führt letztendlich zu spannenderen – weil eigenständigen – Ergebnissen.
Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie siehst Du die Zukunft für Fotografen? Und was kann ein einzelner noch machen, um in diesem Meer wahrgenommen zu werden?
Ich denke zunächst einmal muss man differenzieren, welche unterschiedlichen Funktionen Bilder im Internet heute haben. Zum Beispiel denke ich, dass viele der Bilder, die in Social Media Newsstreams hochgeladen werden, eher der Kommunikationsgedanke im Vordergrund steht, als die Qualität des Bildinhalts. Wenn man früher – klassisch mit Diaprojektor – Urlaubsfotos zeigte, lag der eigentliche Urlaub meist schon ein paar Wochen zurück und das ganze fand im kleinen Kreis statt. Wenn heute ein Urlaubsbild direkt von einem Strand in Thailand auf Facebook landet gibt es erhebliche Unterschiede in der Bildkommunikation. Früher galt „seht her, wo ich damals gewesen bin“, heute gilt „hier bin ich gerade und mache dieses und jenes“. Sprich mit Bildern kann inzwischen auch Gegenwart kommuniziert werden – frei nach der Phrase „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ und auch noch vor einem größerem Publikum.
Dies war jetzt nur einer der neuen Aspekte der Bildkommunikation. Die klassische Fotografie muss und kann, so glaube ich, nicht mit diesen Entwicklungen konkurrieren. Ich denke eine Möglichkeit nicht in diesem Meer unterzugehen ist, zeitlose Fotos zu veröffentlichen. Darunter verstehe ich, dass die Bilder nicht zu stark auf Bearbeitungstrends in Foren ausgerichtet sind (in der Vergangenheit z.B. gecrosste Farben oder HDR). Auch von der Bildästhetik der Werbung sollte man sich nicht zu stark inspirieren lassen, da diese ja gezielt auf eine kurze Aufmerksamkeits- und Aktualitätsspanne ausgerichtet ist. Wenn ein Bild auch in 10 oder 20 Jahren als Bild aus sich heraus wirkt, ohne angestaubt nach frühen 2010er Jahren auszusehen, dann hat man es wohl richtig gemacht.
Nenne uns bitte ein Buch, welches das Leben unserer Leser verändern wird. Egal ob Roman oder Sachbuch.
Im fotografischen Kontext schätze ich aber „Things As They Are: Photojournalism in Context Since 1955“ (von Mary Panzer und Christian Caujolle) sehr. Ein Buch über Reportage-Fotografie in den letzten Jahrzehnten. Dabei sind die einzelnen Reportage-Serien im jeweiligen Original-Kontext abgedruckt. Auch die Entwicklung der Typografie und Seitengestaltung in den großen Zeitschriften kann so verfolgt werden. Ein tolles Buch über den an Zeitschriften und Magazinen orientierten Photojournalismus. Eine – ich würde fast „Kunstform“ sagen – die vielleicht in wenigen Jahren schon eine sehr untergeordnete Rolle spielen wird. Leider ist das Titelbild meiner Meinung nach nicht sehr gut gewählt, dafür überzeugt der Inhalt aber umso mehr.
Welche Frage hätten wir Dir noch stellen müssen? Und was ist die Antwort?
Was ist das wichtigste Utensil eines Landschaftsfotografen?
Das wichtigste Utensil eines Landschaftsfotografen ist nicht die Profiausrüstung, die beste Linse oder ein kompletter Satz von Verlaufsfiltern. Das wichtigste Utensil des Landschaftsfotografen sind seine Füße. Und vielleicht noch ein Wecker.
Hier noch 5 ganz kurze Fragen:
Bauch oder Kopf?
Kopf.
Handwerker oder Künstler?
mhm.. wenn, eher Künstler.
Schach oder Poker?
Schach.
Festbrennweite oder Zoom?
Festbrennweite.
Turkmenistan, Thailand oder Tunesien?
Turkmenistan.
Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all Deinen zukünftigen Projekten.
Ich danke ebenso und viel Erfolg mit der Seite digitalefotoschule.de
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