Heute mal ohne große Einleitung, ein Interview mit Martin Wolf, seines Zeichens Streetfotograf, Webdeveloper und Blogger. Gibt bestimmt noch 100 andere Sachen für die er steht, aber in diesem Interview geht es genau um das. Sein digitales Zuhause findet Ihr unter visuelle Gedanken. Viel Spaß mit dem Interview!
Hallo Martin, wer bist Du? Ein kurzer (Ab-)Satz über Dich und Dein Leben mit der Fotografie, für alle die Dich nicht kennen!
Hey Alexander! Ich bin Martin Wolf, 25 und arbeite und lebe als Frontend Webentwickler in Hamburg. Seit 2006 schreibe ich den Blog visuelleGedanken.de. Im gleichen Jahr habe ich auch meine erste DSLR gekauft und der „Virus“ Fotografie hat angefangen sich so richtig auszubreiten.
Wann hat es bei Dir klick gemacht und Du wusstest: Fotografieren ist eher Passion als Geldbeutelfüller.
Ich glaube nicht, dass es da einen bestimmten Moment gab. Ich habe mit der Fotografie als Hobby angefangen, einfach weil es mich fasziniert hat und ich Spaß daran hatte. Irgendwann kam es dann dazu, dass ich den ein oder anderen Euro mit der Fotografie verdient habe und mal darüber nachdachte ob das eine Option wäre. Aber auf der anderen Seite liebe ich auch meinen Job als Webentwickler und wenn ich nicht gezwungen bin mit der Fotografie Geld zu verdienen kann ich zu 100% fotografieren was und vorallem auch wann ich will. Das finde ich gut.
Du fotografierst mit der Fuji X100 und scheinst sehr zufrieden. Immer öfter greifst Du aber zu Deinem Mobiltelefon. (hier hast du deine Erfahrungen von vor ein paar Monaten niedergeschrieben: http://visuellegedanken.de/2012-11-04/iphoneography/#more-16219 und dich eigentlich pro-Kamera geäußert) Was macht Dir nach ein paar Monaten jetzt mehr Spaß, das haptische Gefühl einer echten Kamera, oder die glatte Oberfläche deines iphones, mit den ganzen eingebauten Spielerein?
Ich finde beides hat seine Vor- und Nachteile und deshalb benutze ich auch nach wie vor beide Kameras. Das iPhone ist super praktisch weil es immer dabei ist. Die Qualität ist trotzdem sehr gut und es ist cool ein Foto direkt bearbeiten und mit anderen teilen zu können. Außerdem mag ich die Einschränkung und die Herausforderung, die es mit sich bringt. Natürlich ist es, besonders in der Streetfotografie, auch schön sehr unauffällig zu sein. Trotzdem mag ich die X100 nach wie vor sehr gerne. Ich finde es toll durch einen Sucher zu schauen und eine „traditionelle“ Kamera in der Hand zu halten. Und natürlich sieht man auch einen Qualitätsunterschied in den Bildern. Ich möchte also am Ende des Tages auf keine der beiden Kameras verzichten müssen.
Wie sieht Dein Workflow in der Fotografie aktuell aus?
Ich bin unterwegs, mache Fotos von Dingen, die mich irgendwie interessieren und zu Hause schaue ich die Bilder durch. Was mir gefällt, wird bearbeitet und online gezeigt. Nichts besonderes.
Du hast vor längerer Zeit an einem der ersten „I want to work for Paul“ Wettbewerbe teilgenommen und gewonnen. Würdest Du heute immer noch den Aufwand betreiben, um einen Tag bei Paul zu gewinnen und hast Du noch Kontakt mit ihm?
Der Tag hat sehr viel Spaß gemacht, ich habe was gelernt und ich finde es hat sich gelohnt. Ich würde es auf jedenfall wieder machen. Wir haben noch Kontakt, wenn auch nicht sehr regelmäßig.
Du bist jetzt keinen klassischen Weg gegangen. Ich bin mir nicht sicher ob Du überhaupt Dein Studium angefangen hast, oder ob Du direkt mit #quoteFM gestartet bist? Bloggen hat Dir anscheinend viele Türen geöffnet und so bewegt wie Dein Leben bisher war, wo siehst Du Dich mit 30 Jahren?
Nein, ich habe nie studiert.
Durch den Blog habe ich auf jeden Fall viele Menschen kennen gelernt, die jetzt gute Freunde sind und mit denen ich regelmäßig Kontakt habe.
Wo ich mit 30 bin ist eine sehr gute Frage auf die ich absolut keine Antwort habe. Ich hoffe einfach dass ich irgendwas cooles mache, das mir Spaß macht.
Was fasziniert Dich so an der Streetfotografie und glaubst Du, die ist mit dem deutschen Recht zu vereinbaren?
Ich finde es schön, echte Momente einzufangen und das Besonderse im Alltäglichen zu finden und so zu zeigen wie ich es sehe.
Es ist außerdem schön jederzeit fotografieren gehen zu können. Menschen und Momente gibt es immer und überall.
Wir wissen alle, dass die Streetfotografie nicht zu 100% mit deutschem Recht zu vereinbaren ist, allerdings hatte ich noch nie Ärger und wenn mich mal jemand angesprochen hat, habe ich erklärt was ich mache und es gab keine Probleme. Ein mal wurde ich allerdings beschuldigt und hatte gar kein Foto gemacht. Das war sehr witzig.
Wie vertragen sich Dein Job & Deine Hobbys mit der Gesundheit? Webdevelopment, Bloggen und Fotografie sind ja oft Sitzangelegenheiten. Was sagt Dein Rücken dazu? 🙂
Meinem Rücken geht’s bestens. Aber frag mal nach meinem Bauch. 😀
Wie kam es zu dem Update der Webseite des Stilpiraten? Wie läuft so ein Redesign bei Dir ab?
Steffen ist eine der Personen, die ich über Umwege durch den Blog kennen gelernt habe und der mittlerweile ein sehr guter Freund geworden ist. Als er seinen Blog neu machen wollte, hatte ich sofort Lust drauf und dann haben wir einfach angefangen. Er hatte eine grobe Vorstellung und anhand dieser haben wir dann gemeinsam das neue Design erarbeitet und auch während der Programmierung haben wir immer wieder Kleinigkeiten angepasst bis wir beide zufrieden waren.
Als Entwickler, was ist Deine Meinung zu Webseiten von Fotografen. Worauf sollten die Wert legen? Ist WordPress für dich im Moment „das Maß aller Dinge“ wenn es um individuelle Blogs und Portfolios geht?
Viele Webseiten von Fotografen sind noch mit Flash umgesetzt, was natürlich besonders ein Problem in Hinsicht auf iPhone und iPad ist. Ich denke es sollte Wert darauf gelegt werden, dass die Portfolios auf allen Geräten erreichbar und schnell sind. Die Fotos stehen im Vordergrund und diese sollten schnell laden und Retina optimiert sein.
WordPress ist super, aber es gibt auch viele andere sehr gute Content Management Systeme. Ich denke es ist einfach wichtig das richtige System für den Kunden zu finden. Wenn die Seite stark bloglastig ist, dann eben WordPress. Wenn es ein reines Portfolio ist, könnte auch sehr gut etwas anderes, vielleicht auch komplett selbst erstelltes in Frage kommen.
Was bedeutet Dir Dein Blog visuelle Gedanken nach so langer Zeit?
Mein zu Hause im Internet.
Du bist einer der Blogger, der auch die Englische-Sprache nicht verachtet und hast Dein Blog sogar mal ein paar Monate auf Englisch laufen lassen. Wie war das? Hatte es Einfluss auf Deinen Traffic? Wie hat sich die Interaktion mit Deinen Lesern dadurch verändert? Hat es Deinem Englisch geholfen?
Anfangs war es kurz komisch und dann lief es eigentlich recht gut. Natürlich gab es Beschwerden, aber die gibt es immer wenn man irgendwas verändert. Dem Traffic hat es nicht massiv geschadet soweit ich mich erinner kann. Mir persönlich hat es aber auf jedenfall geholfen sicherer im Umgang mit der englischen Sprache zu werden. Zumindest im Geschriebenen.
Mittlerweile schreibe ich ja auf visuelleGedanken.de wieder auf deutsch, habe aber dafür TheAmazingWeb.net, den ich von Anfang an komplett auf englisch aufgezogen habe und das funktioniert wunderbar.
Ich habe den genauen Zeitpunkt verpasst, aber Du hast die Kommentare auf Deinem Blog deaktiviert. Was hat Dich zu der Entscheidung gebracht? Beim Stilpiraten gibt es ja auch keine Kommentare auf der Seite.
Nur weil unter einem Beitrag ein Kommentarfeld ist, heißt das noch lange nicht, dass man da auch irgendwas reinschreiben MUSS. Das verstehen viele nicht. Insgesamt ist mein Leben ohne den Kommentarbereich entspannter. Natürlich gab es auch gute Diskussionen in den Kommentaren, man darf ja auch nicht alle über einen Kamm scheren, oder wie man das sagt. Wenn mir jemand wirklich Feedback geben möchte, dann kann und wird er/sie das auch per Mail, Twitter oder Facebook tun. Das passiert auch und ist im Regelfall auch deutlich mehr Wert. Das finde ich schön.
Welche englischsprachigen Fotoblogs kannst Du unseren Lesern empfehlen?
zackarias.com/blog
severinkoller.at/blog
yanidel.net
Welchen Tipp kannst Du einem Anfänger geben, der seine Fotos sofort verbessert? (außer mehr fotografieren)
Wenn sie oberflächlich besser werden sollen und man von der Familie ein „das sieht aber schön aus“ bekommen möchte, die kleinste Blende wählen, die geht.
Wenn die Fotos wirklich besser werden sollen, gibt es kein „sofort“ und dann hilft einfach am meisten das von dir angesprochene „mehr fotografieren“. Und Fotobücher anschauen und darüber nachdenken wieso einen selbst bestimmte Fotos ansprechen und andere nicht.
Bei ein paar Milliarden Fotos im Netz, wie siehst Du die Zukunft für Fotografen? Was kann ein einzelner noch machen, um in diesem Meer wahrgenommen zu werden?
Ich denke es gilt nach wie vor gute Fotos zu machen. Es kann natürlich nicht schaden, sich und die eigenen Bilder auch gut präsentieren und verkaufen zu können.
Nenne uns bitte ein Buch, welches das Leben unserer Leser verändern wird. Egal ob Roman oder Sachbuch.
Im Bezug auf Fotografie: Street Photography Now.
Ansonsten sollte man die Harry Potter Serie wirklich gelesen haben, auch wenn man erwachsen ist. Glaubt mir.
Welche Frage hätten wir Dir noch stellen müssen? Und was ist die Antwort?
Alles bestens!
Hier noch 6 ganz kurze Fragen:
Bauch oder Kopf?
Von beidem etwas.
Handwerker oder Künstler?
Siehe vorherige Frage.
Schach oder Poker?
Weder noch.
Leica oder Fuji?
Fuji
Festbrennweite oder Zoom?
Festbrennweite
Zack Arias oder Chase Jarvis?
Zack Arias
Vielen Dank für Deine Zeit und viel Glück mit all deinen zukünftigen Projekten.
[alle Fotos mit copyright Martin Wolf, mit freundlicher Erlaubnis für das Interview verwendet]
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